Erweiterte Funktionen
Taper Time? Die Qual der Wahl der EZB
23.10.17 09:00
Assenagon
Senningerberg (www.anleihencheck.de) - Mit der an Fahrt gewinnenden Konjunktur in Europa rückt die am kommenden Donnerstag, 26. Oktober 2017 stattfindende Ratssitzung der Europäischen Zentralbank verstärkt in den Mittelpunkt des Kapitalmarktgeschehens, so die Experten von Assenagon.
Sowohl Preissteigerung, Wirtschaftswachstum, Konjunkturerwartungen und auch die für die Stabilität des Finanzsystems wichtige Widerstandsfähigkeit der Banken würden einen nachhaltig positiven Trend zeigen.
Dies setze die EZB unter zunehmenden Druck, sich angesichts einer auf Rekordniveau angeschwollenen Zentralbankbilanz schrittweise aus der ultralockeren Geldpolitik zurückzuziehen. Bei dieser auch als "Tapering" bekannten Abkehr vom monetären Stimulus würde sich die EZB in guter Gesellschaft befinden. In den USA werde mit weiteren Zinserhöhungen, davon eine noch im Dezember, gerechnet. Auch in England werde der Bank of England-Gouverneur Carney bei einer Inflationsrate von 3% kaum um einen Zinsschritt herumkommen.
Während die Wirkung der umfangreichen von der EZB initiierten monetären Impulse umstritten sei, seien doch Bedenken hinsichtlich negativer Folgen in Form volatilerer Wechselkurse sowie steigender Zinsen und möglicherweise auch Risikoprämien (Credit Spreads) für Unternehmensanleihen angebracht. Befürchtet werde dabei, dass ein Rückzug der EZB aus dem Anleihemarkt das vorherrschende Angebots- und Nachfragegleichgewicht empfindlich stören könnte.
Bereits im März 2015 habe die EZB verkündet, Anleihen des öffentlichen Sektors unter dem sogenannten "Public Sector Purchase Programme" (PSPP) kaufen zu wollen. Damit hätten die Notenbanker die bereits bestehenden Programme für den Kauf von gedeckten Anleihen und Pfandbriefen (Covered Bond Purchase Programme 3) sowie von Asset Backed Securities (ABS, Asset-backed Securities Purchase Programme) ergänzt. Während so bereits massiv in den Kapitalmarkt eingegriffen worden sei, habe der zusätzlich am 9. März 2016 angekündigte Ankauf von Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) als Paukenschlag gegolten, da die sechs mit der Umsetzung beauftragten nationalen Notenbanken nun auch Kreditrisiken auf die Bilanz nehmen würden, für die am Ende der jeweilige Staat gerade stehen müsse.
Auch würden angesichts der Beschränkung auf mit Investmentgrade bewerteten und erstrangigen, auf Euro lautenden Industrieanleihen vor allem solche Unternehmen in den Genuss des Programms kommen, die sich auch problemlos selbst am Kapitalmarkt refinanzieren könnten. Dagegen bleibe kleineren und mittelständischen Firmen dieser Weg versperrt, sodass diese unverändert auf die kreditgebenden Banken angewiesen seien und zusätzlich Wettbewerbsnachteile erleiden würden. Da das jetzige Programm den Ankauf von monatlich EUR 80 Mrd. nur noch bis zum Jahresende 2017 vorsehe, sei eine Klarstellung der EZB hinsichtlich ihrer weiteren Geldpolitik unerlässlich.
Unternehmensanleihekäufe hätten zwar im September den zweitgrößten Anteil der im Rahmen des APP getätigten Transaktionen ausgemacht, seien aber deutlich geringer als die Käufe im öffentlichen Sektor und würden mit überschaubaren 5,4% per Ende September sogar nur den drittgrößten Anteil am EZB-Gesamtportfolio bilden.
Auch wenn also die Europäische Zentralbank vor allem Staatsanleihen erwerbe und diese aufgrund eines Quotenschlüssels, der sich nach dem Anteil der jeweiligen Länder am Kapital der EZB richte, zusehends knapp würden, sei die zusätzliche Nachfrage der Notenbank nach Unternehmensanleihen am Kapitalmarkt dennoch deutlich spürbar. So würden im Gegenzug Unternehmen die attraktiven Konditionen und den Bedarf der EZB verstärkt für Neuemissionen nutzen.
Obwohl also Anleihen im Umfang auf Rekordhöhe begeben worden seien, sei davon tatsächlich aber nur ein geringer Anteil an die EZB geflossen, die überwiegend den Sekundärmarkt für ihre Investitionen genutzt habe.
Dort jedoch habe sich die EZB in vergleichsweise großem Maße bedient. Das angehäufte Gesamtvolumen habe zuletzt nahezu EUR 120 Mrd. betragen. Zum Vergleich weise der Anleiheindex für auf Euro lautende Industrieschuldverschreibungen mit einem Investment Grade Rating, der als repräsentativ für den Gesamtmarkt gelte, eine Größe von insgesamt EUR 1.344 Mrd. verteilt auf nahezu 1.800 Anleihen, auf.
Kreditrisikoprämien hätten sich unverkennbar seit Beginn der Anleihekäufe signifikant eingeengt und würden sich nun nahe der historischen Tiefststände befinden.
Gleichzeitig sei dieser Trend nicht auf Europa beschränkt. Auch in den USA sei ein starker Rückgang der Credit Spreads zu beobachten gewesen - obwohl die dortige Federal Reserve Bank keinen Zweifel über den nun eingeschlagenen Pfad der Zinserhöhungen lasse. Im direkten Vergleich zeige sich, dass jedoch Europa mit 43 BP bei einem BBB-Rating, 11 BP bei einem BB-Rating und 9 BP bei einem B-Rating seit Beginn des CSPPs die Nase vorn habe.
Da eine Erholung der gesamtwirtschaftlichen Lage besonders den nach Bonität schwächeren Schuldnern nutze, zeige sich der Einfluss des CSPPs bei den mit BBB bewerteten Anleihen europäischer Aussteller sehr auffällig. Unklar sei jedoch, wie sich hier die Wahl Trumps sowie die Nordkorea-Krise und die Wahlen in Frankreich und Deutschland niederschlagen würden. Die robuste Verfassung der europäischen Wirtschaft jedoch werde, auch angesichts geringer Ausfallraten und hoher Unternehmensgewinne, für einen nicht unerheblichen Teil des Rückgangs der Kreditrisikoprämien verantwortlich sein.
Einschätzung des Portfolio Managements
- Der EZB würden eine Reihe von Maßnahmen bleiben und werde dabei wohl einen verträglichen Kompromiss finden wollen. Aktuell würden die Experten von einer Reduzierung der Nettokäufe ausgehen. Gleichzeitig werde die Laufzeit des Programms bis mindestens Ende 2018 verlängert. Fälligkeiten im Portfolio würden wieder investiert werden, es erfolge kein aktiver Verkauf der Bestände. Die Leitzinsen würden vorerst unverändert bleiben.
- Die Bank of England habe bereits ihren bedingten Rückzug aus dem Anleihekaufprogramm angekündigt, ohne dass sich Credit Spreads dadurch nachhaltig ausgeweitet hätten.
- Erfahrungsgemäß könnten Finanzmärkte am schwersten mit Unsicherheit umgehen. Dessen sei sich die EZB-Führung durchaus bewusst und habe in der Vergangenheit einen deutlichen Hang zur Übererfüllung der Erwartungen der Investoren gezeigt. Die Experten würden deshalb mit einem entsprechend moderaten, behutsam kommunizierten und daher marktschonenden Fahrplan der zukünftigen Geldpolitik der EZB rechnen.
- Gleichwohl bestehe das Risiko, dass die Zinsen perspektivisch steigen würden, da Kapitalmärkte die Geldpolitik der Notenbank üblicherweise frühzeitig antizipieren würden.
Maßnahmen des Portfolio Managements
- Der Einsatz von Kreditderivaten, Hybridanleihen und USD-Anleihen gebe den Experten die Möglichkeit, attraktive Erträge auch in Bereichen zu erwirtschaften, die nicht dem direkten Einfluss der Zentralbanken unterlägen.
- Das aktuelle Durchschnitts-Rating im Fonds betrage BB1 per Ende September. Der Fonds sei nicht in EZB-fähigen Unternehmensanleihen investiert.
- Gegen einen möglichen Zinsanstieg durch die Rückführung der Anleihekäufe, z. B. im öffentlichen Sektor, sei der Fonds durch die bestehenden Zinsabsicherungen geschützt.
- Einem durch das "Tapering" ausgelösten mittelfristigen Anstieg der Credit Spreads stünden vergleichsweise hohe laufende Erträge sowie der durch die Laufzeitverkürzung zusätzlich vereinnahmbare "Roll Down"-Gewinn entgegen.
- Kurzfristigen, starken Spread-Veränderungen könne das Portfolio Management durch Einsatz entsprechender Derivate begegnen. (Ausgabe vom 20.10.2017) (23.10.2017/alc/a/a)
Sowohl Preissteigerung, Wirtschaftswachstum, Konjunkturerwartungen und auch die für die Stabilität des Finanzsystems wichtige Widerstandsfähigkeit der Banken würden einen nachhaltig positiven Trend zeigen.
Dies setze die EZB unter zunehmenden Druck, sich angesichts einer auf Rekordniveau angeschwollenen Zentralbankbilanz schrittweise aus der ultralockeren Geldpolitik zurückzuziehen. Bei dieser auch als "Tapering" bekannten Abkehr vom monetären Stimulus würde sich die EZB in guter Gesellschaft befinden. In den USA werde mit weiteren Zinserhöhungen, davon eine noch im Dezember, gerechnet. Auch in England werde der Bank of England-Gouverneur Carney bei einer Inflationsrate von 3% kaum um einen Zinsschritt herumkommen.
Während die Wirkung der umfangreichen von der EZB initiierten monetären Impulse umstritten sei, seien doch Bedenken hinsichtlich negativer Folgen in Form volatilerer Wechselkurse sowie steigender Zinsen und möglicherweise auch Risikoprämien (Credit Spreads) für Unternehmensanleihen angebracht. Befürchtet werde dabei, dass ein Rückzug der EZB aus dem Anleihemarkt das vorherrschende Angebots- und Nachfragegleichgewicht empfindlich stören könnte.
Bereits im März 2015 habe die EZB verkündet, Anleihen des öffentlichen Sektors unter dem sogenannten "Public Sector Purchase Programme" (PSPP) kaufen zu wollen. Damit hätten die Notenbanker die bereits bestehenden Programme für den Kauf von gedeckten Anleihen und Pfandbriefen (Covered Bond Purchase Programme 3) sowie von Asset Backed Securities (ABS, Asset-backed Securities Purchase Programme) ergänzt. Während so bereits massiv in den Kapitalmarkt eingegriffen worden sei, habe der zusätzlich am 9. März 2016 angekündigte Ankauf von Unternehmensanleihen (Corporate Sector Purchase Programme, CSPP) als Paukenschlag gegolten, da die sechs mit der Umsetzung beauftragten nationalen Notenbanken nun auch Kreditrisiken auf die Bilanz nehmen würden, für die am Ende der jeweilige Staat gerade stehen müsse.
Auch würden angesichts der Beschränkung auf mit Investmentgrade bewerteten und erstrangigen, auf Euro lautenden Industrieanleihen vor allem solche Unternehmen in den Genuss des Programms kommen, die sich auch problemlos selbst am Kapitalmarkt refinanzieren könnten. Dagegen bleibe kleineren und mittelständischen Firmen dieser Weg versperrt, sodass diese unverändert auf die kreditgebenden Banken angewiesen seien und zusätzlich Wettbewerbsnachteile erleiden würden. Da das jetzige Programm den Ankauf von monatlich EUR 80 Mrd. nur noch bis zum Jahresende 2017 vorsehe, sei eine Klarstellung der EZB hinsichtlich ihrer weiteren Geldpolitik unerlässlich.
Unternehmensanleihekäufe hätten zwar im September den zweitgrößten Anteil der im Rahmen des APP getätigten Transaktionen ausgemacht, seien aber deutlich geringer als die Käufe im öffentlichen Sektor und würden mit überschaubaren 5,4% per Ende September sogar nur den drittgrößten Anteil am EZB-Gesamtportfolio bilden.
Auch wenn also die Europäische Zentralbank vor allem Staatsanleihen erwerbe und diese aufgrund eines Quotenschlüssels, der sich nach dem Anteil der jeweiligen Länder am Kapital der EZB richte, zusehends knapp würden, sei die zusätzliche Nachfrage der Notenbank nach Unternehmensanleihen am Kapitalmarkt dennoch deutlich spürbar. So würden im Gegenzug Unternehmen die attraktiven Konditionen und den Bedarf der EZB verstärkt für Neuemissionen nutzen.
Dort jedoch habe sich die EZB in vergleichsweise großem Maße bedient. Das angehäufte Gesamtvolumen habe zuletzt nahezu EUR 120 Mrd. betragen. Zum Vergleich weise der Anleiheindex für auf Euro lautende Industrieschuldverschreibungen mit einem Investment Grade Rating, der als repräsentativ für den Gesamtmarkt gelte, eine Größe von insgesamt EUR 1.344 Mrd. verteilt auf nahezu 1.800 Anleihen, auf.
Kreditrisikoprämien hätten sich unverkennbar seit Beginn der Anleihekäufe signifikant eingeengt und würden sich nun nahe der historischen Tiefststände befinden.
Gleichzeitig sei dieser Trend nicht auf Europa beschränkt. Auch in den USA sei ein starker Rückgang der Credit Spreads zu beobachten gewesen - obwohl die dortige Federal Reserve Bank keinen Zweifel über den nun eingeschlagenen Pfad der Zinserhöhungen lasse. Im direkten Vergleich zeige sich, dass jedoch Europa mit 43 BP bei einem BBB-Rating, 11 BP bei einem BB-Rating und 9 BP bei einem B-Rating seit Beginn des CSPPs die Nase vorn habe.
Da eine Erholung der gesamtwirtschaftlichen Lage besonders den nach Bonität schwächeren Schuldnern nutze, zeige sich der Einfluss des CSPPs bei den mit BBB bewerteten Anleihen europäischer Aussteller sehr auffällig. Unklar sei jedoch, wie sich hier die Wahl Trumps sowie die Nordkorea-Krise und die Wahlen in Frankreich und Deutschland niederschlagen würden. Die robuste Verfassung der europäischen Wirtschaft jedoch werde, auch angesichts geringer Ausfallraten und hoher Unternehmensgewinne, für einen nicht unerheblichen Teil des Rückgangs der Kreditrisikoprämien verantwortlich sein.
Einschätzung des Portfolio Managements
- Der EZB würden eine Reihe von Maßnahmen bleiben und werde dabei wohl einen verträglichen Kompromiss finden wollen. Aktuell würden die Experten von einer Reduzierung der Nettokäufe ausgehen. Gleichzeitig werde die Laufzeit des Programms bis mindestens Ende 2018 verlängert. Fälligkeiten im Portfolio würden wieder investiert werden, es erfolge kein aktiver Verkauf der Bestände. Die Leitzinsen würden vorerst unverändert bleiben.
- Die Bank of England habe bereits ihren bedingten Rückzug aus dem Anleihekaufprogramm angekündigt, ohne dass sich Credit Spreads dadurch nachhaltig ausgeweitet hätten.
- Erfahrungsgemäß könnten Finanzmärkte am schwersten mit Unsicherheit umgehen. Dessen sei sich die EZB-Führung durchaus bewusst und habe in der Vergangenheit einen deutlichen Hang zur Übererfüllung der Erwartungen der Investoren gezeigt. Die Experten würden deshalb mit einem entsprechend moderaten, behutsam kommunizierten und daher marktschonenden Fahrplan der zukünftigen Geldpolitik der EZB rechnen.
- Gleichwohl bestehe das Risiko, dass die Zinsen perspektivisch steigen würden, da Kapitalmärkte die Geldpolitik der Notenbank üblicherweise frühzeitig antizipieren würden.
Maßnahmen des Portfolio Managements
- Der Einsatz von Kreditderivaten, Hybridanleihen und USD-Anleihen gebe den Experten die Möglichkeit, attraktive Erträge auch in Bereichen zu erwirtschaften, die nicht dem direkten Einfluss der Zentralbanken unterlägen.
- Das aktuelle Durchschnitts-Rating im Fonds betrage BB1 per Ende September. Der Fonds sei nicht in EZB-fähigen Unternehmensanleihen investiert.
- Gegen einen möglichen Zinsanstieg durch die Rückführung der Anleihekäufe, z. B. im öffentlichen Sektor, sei der Fonds durch die bestehenden Zinsabsicherungen geschützt.
- Einem durch das "Tapering" ausgelösten mittelfristigen Anstieg der Credit Spreads stünden vergleichsweise hohe laufende Erträge sowie der durch die Laufzeitverkürzung zusätzlich vereinnahmbare "Roll Down"-Gewinn entgegen.
- Kurzfristigen, starken Spread-Veränderungen könne das Portfolio Management durch Einsatz entsprechender Derivate begegnen. (Ausgabe vom 20.10.2017) (23.10.2017/alc/a/a)