Alle Augen auf die FED: Zwischen Inflation und Bankenkrise


17.03.23 08:57
Grüner Fisher Investments

Rodenbach (www.anleihencheck.de) - Was wird die FED nächste Woche tun, fragen die Experten von Grüner Fisher Investments.

Da die jüngsten US-Wirtschaftsdaten die Erwartungen übertroffen hätten, seien viele Marktbeobachter davon ausgegangen, dass die FED die Zinsen länger anheben müsste, um die Inflation zu bekämpfen. Doch dann sei der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) gekommen und die Stimmungslage habe sich schlagartig geändert.

"Jetzt wird spekuliert, ob die FED vielleicht sogar die Füße stillhält oder nur eine geringfügige Leitzinserhöhung durchsetzt. Wie immer ist es allerdings so, dass die Entscheidungen der FED schwierig zu prognostizieren sind - weshalb man als Anleger sein Hauptaugenmerk auf grundlegende Fakten richten sollte", ordne Thomas Grüner, Gründer und Vice Chairman von Grüner Fisher Investments, die Situation ein.

Im Jahresvergleich ginge die Steigerungsrate des insgesamten US-Verbraucherpreisindex auf 6,0 Prozent zurück, die niedrigste Rate seit September 2021. Sicherlich spiele der Basiseffekt hier weiterhin eine Rolle, welcher wahrscheinlich auch in absehbarer Zukunft geringere Steigerungsraten unterstützen werde, allerdings spreche auch die Entwicklung auf Monatssicht für eine grundlegende Abkühlung. Die Kerngüterpreise seien im Monatsvergleich unverändert geblieben, ohne Berücksichtigung von Unterkünften seien die Dienstleistungspreise im Monatsvergleich nur um 0,1 Prozent gestiegen.

"Natürlich gibt es innerhalb der einzelnen Kategorien deutliche Unterschiede, die spürbare Abschwächung der Inflation im Durchschnitt sendet dennoch ein wichtiges Signal. Es zeigt unserer Meinung nach, dass die bisherigen wirtschaftlichen Entwicklungen trotz der FED stattfinden, nicht wegen ihr", erkläre Thomas Grüner.

Die FED beeinflusse das Wirtschaftswachstum insofern, dass ihre Zinsschritte das Kreditwachstum beeinflussen könne. Da die Banken aktuell aber nicht gezwungen seien, bezüglich neuer Einlagen in den Konkurrenzkampf zu treten - Einlagen seien zur Genüge vorhanden - hätten Banken die Zinserhöhungen der FED bisher nicht an ihre Kunden weitergeben müssen. In der Folge hätten sich die Nettozinsmargen für die Banken bei der Fristentransformation ausgeweitet und ein schnelleres Kreditwachstum sei gefördert worden. Dies habe dazu beigetragen, dass das BIP trotz der Zinserhöhungen wachse.

Thomas Grüner führe dazu aus: "In der Zwischenzeit haben sich die angebotsseitigen Inflationsfaktoren verbessert - das Geldmengenwachstum hat sich trotz des raschen Kreditwachstums deutlich verlangsamt, was zu einer Entspannung der Preise geführt hat. Mit anderen Worten: Die FED hat einfach nicht die wirtschaftliche Kontrolle, die ihr von den meisten Marktbeobachtern zugeschrieben wird. Und die Inflation kühlt sich ab, unbeeindruckt von sämtlichen Diskussionen und Maßnahmen. Ob die FED in der nächsten Woche die Zinsen anhebt oder nicht, sollte daher unserer Meinung nach für die Inflationsentwicklung keine große Rolle spielen."

Der neue Fokus der FED liege nunmehr auf den Unruhen im Bankensektor. Aktuell sei noch nicht klar, wie sich die SVB-Pleite - und alle damit zusammenhängenden Folgeerscheinungen - auf das Kreditwachstum und die Einlagenpreise der Banken auswirken werde. Es werde ein paar Wochen dauern, bis sich dies in den Daten niederschlage. Es scheine aber auch sehr unwahrscheinlich, dass die Angst vor einer Bankenkrise eine wesentlich schnellere Inflation auslösen würde, da sie für die Banken Anreize zur Risikoreduzierung schaffe. Thomas Grüner fasse zusammen: "Ungeachtet des Potenzials, dass regionale Bankenkrisen zu mehr kurzfristiger Volatilität führen könnten, sind wir der Ansicht, dass eine kontinuierliche Normalisierung der Inflation im Jahresverlauf positiv wirken wird." (Ausgabe vom 16.03.2023) (17.03.2023/alc/a/a)