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EZB öffnet die Tür einen kleinen Spalt für ein Ende der Nullzinspolitik


04.02.22 12:15
Degussa Goldhandel

München (www.anleihencheck.de) - Wie erwartet: Die EZB hat auf ihrer Sitzung am 3. Februar 2022 die Leitzinsen unverändert gelassen, so Dr. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt bei Degussa Goldhandel.

Die Anleihekäufe des PEPP würden Ende März 2022 auslaufen. Die Anleihekäufe des APP würden zwar in den kommenden Monaten etwas reduziert, würden jedoch bis auf weiteres fortgeführt. Auch das seien keine Überraschungen.

Wie befürchtet: EZB-Präsident Christine Lagarde habe nicht den Eindruck erweckt, es gäbe im EZB-Rat ernste Anstalten, die Geldpolitik zu straffen, die Leitzinsen anzuheben - obwohl sich die Euro-Wirtschaft verbessere, während die Gefahr für noch höhere Inflation angestiegen sei. Dazu lese man sich nur einmal durch, wie er (schwer verständlich) sein Zinssetzungsverhalten erkläre.

Frau Lagarde habe während der Presskonferenz zwar viele Worte gemacht, aber kein Wort sei darüber gefallen, dass die aktuelle Inflationswelle monetäre Ursachen habe - und das obwohl die EZB für einen gewaltigen, weiter wachsenden Geldmengenüberhang sorge, der die Güterpreisinflation ganz offensichtlich antreibe.

(Zur Erinnerung: Im Euroraum habe die (vorausgeschätzte) Inflation der Konsumgüterpreise im Januar 2022 5,1 Prozent nach 5 Prozent im Dezember 2021 betragen. Erwartet seien 4,4 Prozent gewesen.)

Aber: Frau Lagarde, nach Zinssteigerungen befragt, habe auf den Monat März verwiesen, wenn die EZB neue Prognosen veröffentliche. Sollte sich die bisherige Lagebeurteilung ändern, werde die EZB ihre Zinspolitik überdenken, so Frau Lagarde. Anders gesagt: Es gebe kein kategorisches Nein für Zinsanhebungen, sondern es hänge nun an den selbsterstellen Prognosen, mit der die EZB ihre Zinspolitik leite.

So gesehen werde es nun von den Kräfteverhältnissen im EZB-Rat abhängen, wie die Prognosen ausfallen würden, ob es also tatsächlich eine Mehrheit geben werde, der für eine frühere Beendigung der Nullzinspolitik eintrete. Die Zeit dürfte dafür arbeiten: Die Inflation werde sehr wahrscheinlich nicht (stark) zurückgehen in den kommenden Monaten, und die öffentliche Ärgernis über hohe Inflation werde steigen.

Allerdings bestehe nur wenig Hoffnung, dass ein zinspolitisches Umsteuern, sollte es denn im Verlauf des Jahres kommen, ausreichend sein werde, um die Inflation, die die EZB in Gang gesetzt habe, einzudämmen; und dass das Inflationsproblem des Euroraums größer ausfalle, als es der EZB-Rat öffentlich mache beziehungsweise die Marktakteure erwarten würden.

Für Verbraucher und Anleger bedeute das: Die Kaufkraft des Euro bleibe im beschleunigten Sinkflug. (Ausgabe vom 03.02.2022) (04.02.2022/alc/a/a)