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Fünf zentrale Themen für 2023: Höchststand der Leitzinsen - QT und steigendes Netto-Anleiheangebot
28.12.22 10:00
Ardea Investment Management
Sydney (www.anleihencheck.de) - Zum Jahresende ist es üblich, dass Investmentmanager und Banken Prognosen für das kommende Jahr veröffentlichen, so Alex Stanley, Relative Value Strategist, Ardea Investment Management.
Im Fixed-Income-Bereich würden sich diese Berichte in der Regel stark auf Renditeprognosen konzentrieren.
Bei Ardea Investment Management seien makroökonomische Prognosen nicht Teil des Investmentprozesses, da die Experten einen reinen Relative-Value-Ansatz verfolgen würden. Dieser ziele darauf ab, unabhängig von der Höhe der Anleiherenditen, der allgemeinen Richtung der Zinssätze und den makroökonomischen Faktoren zu sein, die die Performance herkömmlicher Anlagen beeinflussen würden.
Anstelle der traditionellen Jahresprognosen würden die Experten von Ardea Investment Management die beträchtlichen Risiken im Zusammenhang mit den Konsensmeinungen erläutern und fünf Schlüsselthemen beleuchten, die die globalen Zinsmärkte im Jahr 2023 beeinflussen würden:
1. Höchststand der Leitzinsen
Es werde erwartet, dass im kommenden Jahr einer der schnellsten und synchronsten Straffungszyklen der G10-Zentralbanken der Geschichte ende. Angesichts der steigenden Inflation hätten die Zentralbanken 2022 energisch handeln müssen, um die Zinssätze durch überproportionale monatliche Erhöhungen von extrem akkommodierend auf restriktiv zu bringen. Die bisher erfolgten Zinserhöhungen sollten den Zentralbanken etwas Zeit verschaffen, um Bilanz zu ziehen. Die Märkte hätten das Thema Höchstzinssätze für das Jahr 2023 gut eingepreist.
Die Zentralbanken dürften ihre Zinspause mit der Verlangsamung von Inflation und Wachstum begründen. Nach einem Jahr mit großen Aufwärtsüberraschungen deute einiges darauf hin, dass die Inflation auf Grundlage einiger allgemeiner Faktoren deutlich zurückgehen werde:
- Der Preisdruck in der globalen Lieferkette sei stark zurückgegangen und liege bei höchstens einem Viertel des Anfang 2022 erreichten Niveaus.
- Das Abklingen der großen Basiseffekte von Schocks bei der Lebensmittel- und Energieversorgung.
- Eine weitere erhebliche Verlangsamung des globalen Wachstums, da die Auswirkungen der bisherigen geldpolitischen Straffung zum Tragen kämen.
Die Auswirkungen der steigenden Zinssätze und der Inflation im Jahr 2022 hätten zu einem deutlich schwächeren globalen Wachstumsausblick für 2023 beigetragen. Nach Angaben des IWF werde ein globales Wachstum von 2,7% erwartet, allerdings mit einem Wachstum der Industrieländer von nur 1,1%. Für die Welt wäre dies das schwächste Ergebnis seit 2001, abgesehen von der globalen Finanzkrise und dem Ausbruch von Corona. Viele Marktökonomen würden von eher pessimistischen Wachstumsprognosen ausgehen und für Großbritannien und Europa werde allgemein mit einer Rezession gerechnet.
Die Risiken für die aktuellen Marktbewertungen und die Konsensmeinungen zu den Zinssätzen seien in beide Richtungen beträchtlich. Daher sei die Unsicherheit über die Zentralbankpolitik ein wichtiges Thema, mit dem sich die Anleger im nächsten Jahr auseinander setzen müssten. Eines der größten Risiken - wie auch 2022 - seien die Inflationsaussichten, wo die Prognosefehler Rekordwerte erreicht hätten. Obwohl es durchaus denkbar sei, dass die Gesamtinflation von den derzeit hohen Werten von 8% oder mehr im Jahresvergleich zurückgehe, werde erwartet, dass die Inflation bis Ende nächsten Jahres weiterhin über den Zielwerten der Zentralbank liegen werde. Die weit verbreitete Ansicht, dass eine Pause im Zyklus anstehe, beruhe eher darauf, dass die Zentralbanker mit dem Inflationsverlauf zufriedener seien als mit der Höhe. Letztlich könnten sich die Volkswirtschaften und insbesondere die Arbeitsmärkte besser behaupten als derzeit erwartet. Somit bestehe die Gefahr, dass sich die Zentralbanken mehr Sorgen über eine Verfestigung der anhaltend hohen Inflation machen würden. In diesem Fall würden sich die Zinserhöhungszyklen länger hinziehen als derzeit erwartet. Umgekehrt könnte ein schnellerer Rückgang der Inflation oder eine stärkere Abschwächung des Wachstums dazu führen, dass Zinssenkungen vorgezogen würden.
Die Unterschiede zwischen den Märkten könnten im nächsten Jahr ebenfalls sehr groß sein, da die Zentralbanken die Risiken einer übermäßigen Straffung unterschiedlich einschätzen würden. Die FED habe in diesem Jahr äußerst aggressiv auf die unerwartet hohe Inflation reagiert, während kleinere Zentralbanken wie die Bank of China und die Reserve Bank of Australia das Straffungstempo bereits verlangsamt hätten.
2. Das verbesserte Risiko-Ertrags-Verhältnis bei der Duration
2022 sei für durationslastige Portfolios eines der schlechtesten Jahre überhaupt gewesen. Die Messlatte für ein besseres Jahr 2023 liege also niedrig und die Stimmen der Marktteilnehmer, die für das nächste Jahr eine Anleihenrally erwarten würden, würden sich mehren. Die Experten von Ardea Investment Management würden drei Faktoren betrachten, die auf einen besseren Ausblick für die Duration im Jahr 2023 hindeuten würden:
- Die Rückkehr der Rendite: Günstigere Bewertungen nach dem großen Ausverkauf im Jahr 2022 würden die Aussichten für Anleihen verbessern, wenn auch etwas weniger seit dem Höchststand der langfristigen Renditen im Oktober. Nominalrenditen von 3,5% bis 4,0% und Realrenditen von über 1,0% für 10-jährige US-Treasuries würden den Anlegern für die sichersten Vermögenswerte ein Niveau bieten, das seit über einem Jahrzehnt nicht mehr erreicht worden sei. In den Jahren 2020 und 2021 seien langfristige Staatsanleihen eher als risikofreie Anlage zu bezeichnen gewesen.
- Höchststand der Inflation und Zinsen: Wie sich die Anleihen 2023 entwickeln würden, hänge von der Behebung des Spannungsverhältnisses zwischen dem langsameren globalen Wachstum und der steigenden Inflation ab. Wenn der Konsens richtig sei, dass die FED, die EZB und andere Zentralbanken 2023 den Zinshöhepunkt erreichen würden, dann zeige die Geschichte, dass sich Anleihen mit langer Duration tendenziell gut entwickeln würden. Ein schnellerer Wechsel zu Zinssenkungen würde die Outperformance kürzerer Laufzeiten begünstigen und die Renditekurve nach der unablässigen Verflachung im Jahr 2022 steiler werden lassen.
- Bessere Absicherung von Risikoanlagen: Der letzte Anstieg im Zyklus sei in der Regel auch gut für Aktien, aber die Märkte könnten die Bedeutung einer bevorstehenden Verlangsamung oder Rezession durchaus unterschätzen. Die Anleiherenditen seien jetzt hoch genug, um einen attraktiveren Puffer in Multi-Asset-Portfolios zu bieten. Dieser Absicherungswert der Duration sei ein Grund, warum Anleihen mit längeren Laufzeiten für viele Anleger immer noch attraktiv seien, obwohl die globalen Renditekurven steil nach unten zeigen würden oder historisch flach seien (je nach Markt).
Die globale makroökonomische Unsicherheit sei nach wie vor sehr hoch. Eine Fehleinschätzung der Inflation könnte sich für die Anleger erneut als sehr kostspielig erweisen. Das Potenzial einer anhaltend hohen Inflation, die sich in den Löhnen niederschlage, oder ein weiterer Anstieg der Rohstoffpreise könnte ausreichen, um den Markt dazu zu bringen, seine geldpolitischen Prognosen schnell über Bord zu werfen. Diese und andere Fragen würden im nächsten Jahr möglicherweise nicht so schnell geklärt werden können, was bedeute, dass die Renditen wahrscheinlich eine recht große Schwankungsbreite aufweisen würden.
3. QT und steigendes Netto-Anleiheangebot
Die Zentralbanken hätten ihre massiven QE-Programme beendet und würden zügig zur quantitativen Straffung (QT) oder zur aktiven Reduzierung der Bilanzen übergehen. Für die Anleihemärkte bedeute dies eine große Veränderung. Auf allen Märkten würden die Zentralbanken zwischen 25% und 50% der ausstehenden Anleihen halten. Im nächsten Jahr würden die größten Zentralbanken eine QT in Höhe von über 1 Mrd. US-Dollar durchführen.
Die wichtigste Auswirkung der QT auf die Staatsanleihemärkte sei ein erhöhtes Nettoangebot an Anleihen, das von privaten Anlegern bedient werden müsse (es gebe noch andere Auswirkungen, wie z.B. eine Verringerung der überschüssigen Barreserven, die sich auf die Geldmärkte auswirken könne). Die Verlagerung der Nachfragelast auf private Anleger, die im nächsten Jahr einen größeren Teil der Nettoemissionen aufnehmen müssten, berge Risiken für die Märkte. Die Zentralbanken ihrerseits seien grundsätzlich bestrebt, die QT in einer konsistenten und vorhersehbaren Weise umzusetzen, anders als die aggressivere Entnahme von Duration aus dem Markt bei der Einführung von QE. Dennoch würden die Auswirkungen der QT im Jahr 2023 wahrscheinlich ziemlich tief greifend sein. Das Ausmaß des zusätzlichen Emissionsvolumens werde je nach Region sehr unterschiedlich ausfallen und könnte zu einer Unterperformance von Anleihen und steileren Kurven an den Märkten führen, auf denen der relative Anstieg des Nettoangebots am größten sei, wie z.B. in Europa und Großbritannien.
In den USA werde die FED ihr bisheriges QT-Tempo beibehalten und monatlich 60 Mrd. US-Dollar an US-Treasuries und 35 Mrd. US-Dollar an MBS fällig werden lassen. Für das Jahr 2023 bedeute dies, dass das US-Schatzamt zusätzliche Anleihen im Wert von 720 Mrd. US-Dollar tilgen müsse. Die Auswirkungen auf den Markt würden durch eine verbesserte Haushaltslage etwas abgeschwächt.
Es werde erwartet, dass der relative Anstieg des Streubesitzangebots in Europa und Großbritannien am größten sein werde. In den letzten zehn Jahren seien die größeren Angebotswellen bei europäischen Staatsanleihen in eine Zeit gefallen, in der gleichzeitig die EZB-Käufe stark erhöht worden seien. In den sieben Jahren vor 2022 seien negative Nettoemissionen in Europa die Regel gewesen. Das Blatt wende sich nun. Viele Analysten würden davon ausgehen, dass der Anstieg des Nettoangebots an Anleihen nach dem QE-Programm im Jahr 2023 mit 400 bis 700 Mrd. EUR so hoch sein werde wie nie zuvor. Aufgrund der Annahmen über den Zeitpunkt und das Tempo der EZB-Maßnahmen sowie der Annahmen über neue staatliche Maßnahmen würden die Schätzungen weit auseinander gehen.
Seit 2008 habe Großbritannien auch nur in Zeiten von QE große Emissionen verzeichnet. Die Bank of England (BoE) habe ihre QT-Pläne wieder aufgenommen, nachdem die Glaubwürdigkeitskrise der Regierung im September zu Emerging-Markets-ähnlichen Bewegungen bei Gilts geführt habe. Selbst unter neuer Regierung und mit neuen Plänen sei der Anstieg des Anleiheangebots im Jahr 2023 erheblich. Viele Analysten würden davon ausgehen, dass die Emission von Staatsanleihen ohne QE im nächsten Jahr auf 250 bis 300 Mrd. Britische Pfund ansteigen werde, verglichen mit früheren Spitzenwerten von weniger als 100 Mrd. Britische Pfund im letzten Jahrzehnt.
4. Große Tail-Risiken würden Umfang des Volatilitätsrückgangs einschränken
Der Schock und die Angst vor ständig steigender Inflation und überproportionalen Zinserhöhungen hätten die globale Zinsvolatilität im Jahr 2022 auf ein historisch hohes Niveau getrieben. Der MOVE-Index für die implizite Volatilität von US-Schatzanleihen habe den höchsten Stand seit 2009 erreicht, dreimal so hoch wie die Tiefststände Ende 2020 und am oberen Ende einer 20-jährigen Spanne. Vergleichbare Messungen der Volatilität des Euro hätten den Höchststand von 2008 übertroffen und die Volatilität des Britischen Pfund sei während der britischen Marktkrise im September auf neue Rekordwerte geklettert.
Im letzten Monat habe sich die Volatilität von diesen Extremen auf ein immer noch hohes Niveau verringert. Auslöser seien Spekulationen gewesen, dass die Zentralbanken das Tempo der Straffung verlangsamen würden. Wie in den Themen 1 und 2 oben erörtert, könnte sich der jüngste Rückgang der Volatilität bis ins Jahr 2023 fortsetzen, falls sich die Zentralbanken dem Höhepunkt des Zinszyklus nähern würden.
Wie jedoch bereits erwähnt, sei das Ausmaß der makroökonomischen Unsicherheit bezüglich der Zinssätze in beide Richtungen nach wie vor beträchtlich und lasse sich in einem stagflationären Umfeld nicht ohne weiteres beheben. Daher sei es unwahrscheinlich, dass die Volatilität schnell wieder auf die Tiefststände von 2020 bis 2021 zurückgehe und sie könnte auch 2023 erhöht bleiben. Sollte die Inflation nicht spürbar zurückgehen, könnten natürlich einige Elemente der Situation von 2022 im nächsten Jahr fortbestehen. Aber selbst wenn die Inflation, wie vom Konsens erwartet, sinke, jedoch über dem Zielwert bleibe, könnte eine geldpolitische Pause die Volatilität in die Höhe treiben, sollten die Märkte über einen politischen Fehler spekulieren.
In einem allgemeineren Rezessionsszenario könnten ein schnellerer Wechsel zu Zinssenkungen der Zentralbanken und Zuflüsse aus risikoreicheren Vermögenswerten in Anleihen zu einer erheblichen Anleiherally führen. Das aktuelle Niveau der tatsächlichen Volatilität der 10-jährigen US-Rendite von über 100 Basispunkten sei im langfristigen US-Kontext historisch gesehen mit Rezessionen vereinbar. Der Höhepunkt der Volatilität werde in der Regel erst erreicht, wenn die Rezession in vollem Gange sei. Auch bei Aktien komme es im Verlauf einer Rezession meist zu größeren Korrekturen.
5. Makro-Unsicherheit unterstütze die Relative-Value-Chancen
Die Chancen von Relative-Value-Zinsportfolios würden nicht von der allgemeinen Höhe und Richtung der Zinssätze, der Performance von Risikoanlagen oder makroökonomischen Variablen wie Wachstum und Inflation abhängen. Es gebe zwar keinen absolut eindeutigen guten oder schlechten Markt für reine Relative-Value-Portfolios, aber generell gelte Folgendes:
- Extreme Niedrigzinsvolatilität (wie in Japan) sei negativ.
- Eine höhere Zinsvolatilität sei generell positiv, aber nicht in allen Situationen.
- RV-Alpha sei strukturell, aber der Chancenmix ändere sich mit den Marktfaktoren wie der Dynamik von Angebot und Nachfrage bei Anleihen.
Der Druck auf RV im vergangenen Jahr sei ungewöhnlich gewesen. In einem Bericht vom September hätten die Experten von Ardea Investment Management dargelegt, wie der Anstieg der Volatilität an den Makromärkten 2022 zu einer ungewöhnlich hohen Belastung des globalen relativen Zinssatzes geführt habe. Die Experten von Ardea Investment Management hätten gezeigt, dass die Stresswerte für die Mikrozinskurve und den RV von Anleihen das 2- bis 4-fache des normalen Niveaus erreicht hätten. Wie in unserem vorherigen Bericht dargelegt, ist es unwahrscheinlich, dass die RV-Preissetzungsbeziehungen auf unbestimmte Zeit bei den Extremen von 2022 bleiben, selbst wenn die Volatilität höher als normal bleibt, so die Experten von Ardea Investment Management.
Abgesehen von der erwarteten Abnahme der extremen Stressindikatoren werde das hohe Maß an bestehender makroökonomischer Unsicherheit 2023 wahrscheinlich neue Chancen für den RV-Handel eröffnen. Das Spannungsverhältnis zwischen hoher Inflation und schwächerem Wachstum könne die Form der Renditekurve weiter verzerren, da der Markt damit zu kämpfen habe, eine breite Streuung von Zinssätzen zu bewerten. Eine hohe makroökonomische Unsicherheit führe auch zu Kapitalflüssen, die dazu führen würden, dass sich einige Sektoren der Anleihekurven im Vergleich zu anderen verbilligen oder aufwerten würden. Der in Thema 3 erörterte Anstieg des Nettoangebots und der QT führe bereits zu höheren Risikoprämien bei Staatsanleihen und die Experten von Ardea Investment Management würden davon ausgehen, dass sich dies im nächsten Jahr fortsetzen werde. (28.12.2022/alc/a/a)
Im Fixed-Income-Bereich würden sich diese Berichte in der Regel stark auf Renditeprognosen konzentrieren.
Bei Ardea Investment Management seien makroökonomische Prognosen nicht Teil des Investmentprozesses, da die Experten einen reinen Relative-Value-Ansatz verfolgen würden. Dieser ziele darauf ab, unabhängig von der Höhe der Anleiherenditen, der allgemeinen Richtung der Zinssätze und den makroökonomischen Faktoren zu sein, die die Performance herkömmlicher Anlagen beeinflussen würden.
Anstelle der traditionellen Jahresprognosen würden die Experten von Ardea Investment Management die beträchtlichen Risiken im Zusammenhang mit den Konsensmeinungen erläutern und fünf Schlüsselthemen beleuchten, die die globalen Zinsmärkte im Jahr 2023 beeinflussen würden:
1. Höchststand der Leitzinsen
Es werde erwartet, dass im kommenden Jahr einer der schnellsten und synchronsten Straffungszyklen der G10-Zentralbanken der Geschichte ende. Angesichts der steigenden Inflation hätten die Zentralbanken 2022 energisch handeln müssen, um die Zinssätze durch überproportionale monatliche Erhöhungen von extrem akkommodierend auf restriktiv zu bringen. Die bisher erfolgten Zinserhöhungen sollten den Zentralbanken etwas Zeit verschaffen, um Bilanz zu ziehen. Die Märkte hätten das Thema Höchstzinssätze für das Jahr 2023 gut eingepreist.
Die Zentralbanken dürften ihre Zinspause mit der Verlangsamung von Inflation und Wachstum begründen. Nach einem Jahr mit großen Aufwärtsüberraschungen deute einiges darauf hin, dass die Inflation auf Grundlage einiger allgemeiner Faktoren deutlich zurückgehen werde:
- Der Preisdruck in der globalen Lieferkette sei stark zurückgegangen und liege bei höchstens einem Viertel des Anfang 2022 erreichten Niveaus.
- Das Abklingen der großen Basiseffekte von Schocks bei der Lebensmittel- und Energieversorgung.
- Eine weitere erhebliche Verlangsamung des globalen Wachstums, da die Auswirkungen der bisherigen geldpolitischen Straffung zum Tragen kämen.
Die Auswirkungen der steigenden Zinssätze und der Inflation im Jahr 2022 hätten zu einem deutlich schwächeren globalen Wachstumsausblick für 2023 beigetragen. Nach Angaben des IWF werde ein globales Wachstum von 2,7% erwartet, allerdings mit einem Wachstum der Industrieländer von nur 1,1%. Für die Welt wäre dies das schwächste Ergebnis seit 2001, abgesehen von der globalen Finanzkrise und dem Ausbruch von Corona. Viele Marktökonomen würden von eher pessimistischen Wachstumsprognosen ausgehen und für Großbritannien und Europa werde allgemein mit einer Rezession gerechnet.
Die Risiken für die aktuellen Marktbewertungen und die Konsensmeinungen zu den Zinssätzen seien in beide Richtungen beträchtlich. Daher sei die Unsicherheit über die Zentralbankpolitik ein wichtiges Thema, mit dem sich die Anleger im nächsten Jahr auseinander setzen müssten. Eines der größten Risiken - wie auch 2022 - seien die Inflationsaussichten, wo die Prognosefehler Rekordwerte erreicht hätten. Obwohl es durchaus denkbar sei, dass die Gesamtinflation von den derzeit hohen Werten von 8% oder mehr im Jahresvergleich zurückgehe, werde erwartet, dass die Inflation bis Ende nächsten Jahres weiterhin über den Zielwerten der Zentralbank liegen werde. Die weit verbreitete Ansicht, dass eine Pause im Zyklus anstehe, beruhe eher darauf, dass die Zentralbanker mit dem Inflationsverlauf zufriedener seien als mit der Höhe. Letztlich könnten sich die Volkswirtschaften und insbesondere die Arbeitsmärkte besser behaupten als derzeit erwartet. Somit bestehe die Gefahr, dass sich die Zentralbanken mehr Sorgen über eine Verfestigung der anhaltend hohen Inflation machen würden. In diesem Fall würden sich die Zinserhöhungszyklen länger hinziehen als derzeit erwartet. Umgekehrt könnte ein schnellerer Rückgang der Inflation oder eine stärkere Abschwächung des Wachstums dazu führen, dass Zinssenkungen vorgezogen würden.
Die Unterschiede zwischen den Märkten könnten im nächsten Jahr ebenfalls sehr groß sein, da die Zentralbanken die Risiken einer übermäßigen Straffung unterschiedlich einschätzen würden. Die FED habe in diesem Jahr äußerst aggressiv auf die unerwartet hohe Inflation reagiert, während kleinere Zentralbanken wie die Bank of China und die Reserve Bank of Australia das Straffungstempo bereits verlangsamt hätten.
2. Das verbesserte Risiko-Ertrags-Verhältnis bei der Duration
2022 sei für durationslastige Portfolios eines der schlechtesten Jahre überhaupt gewesen. Die Messlatte für ein besseres Jahr 2023 liege also niedrig und die Stimmen der Marktteilnehmer, die für das nächste Jahr eine Anleihenrally erwarten würden, würden sich mehren. Die Experten von Ardea Investment Management würden drei Faktoren betrachten, die auf einen besseren Ausblick für die Duration im Jahr 2023 hindeuten würden:
- Die Rückkehr der Rendite: Günstigere Bewertungen nach dem großen Ausverkauf im Jahr 2022 würden die Aussichten für Anleihen verbessern, wenn auch etwas weniger seit dem Höchststand der langfristigen Renditen im Oktober. Nominalrenditen von 3,5% bis 4,0% und Realrenditen von über 1,0% für 10-jährige US-Treasuries würden den Anlegern für die sichersten Vermögenswerte ein Niveau bieten, das seit über einem Jahrzehnt nicht mehr erreicht worden sei. In den Jahren 2020 und 2021 seien langfristige Staatsanleihen eher als risikofreie Anlage zu bezeichnen gewesen.
- Höchststand der Inflation und Zinsen: Wie sich die Anleihen 2023 entwickeln würden, hänge von der Behebung des Spannungsverhältnisses zwischen dem langsameren globalen Wachstum und der steigenden Inflation ab. Wenn der Konsens richtig sei, dass die FED, die EZB und andere Zentralbanken 2023 den Zinshöhepunkt erreichen würden, dann zeige die Geschichte, dass sich Anleihen mit langer Duration tendenziell gut entwickeln würden. Ein schnellerer Wechsel zu Zinssenkungen würde die Outperformance kürzerer Laufzeiten begünstigen und die Renditekurve nach der unablässigen Verflachung im Jahr 2022 steiler werden lassen.
- Bessere Absicherung von Risikoanlagen: Der letzte Anstieg im Zyklus sei in der Regel auch gut für Aktien, aber die Märkte könnten die Bedeutung einer bevorstehenden Verlangsamung oder Rezession durchaus unterschätzen. Die Anleiherenditen seien jetzt hoch genug, um einen attraktiveren Puffer in Multi-Asset-Portfolios zu bieten. Dieser Absicherungswert der Duration sei ein Grund, warum Anleihen mit längeren Laufzeiten für viele Anleger immer noch attraktiv seien, obwohl die globalen Renditekurven steil nach unten zeigen würden oder historisch flach seien (je nach Markt).
3. QT und steigendes Netto-Anleiheangebot
Die Zentralbanken hätten ihre massiven QE-Programme beendet und würden zügig zur quantitativen Straffung (QT) oder zur aktiven Reduzierung der Bilanzen übergehen. Für die Anleihemärkte bedeute dies eine große Veränderung. Auf allen Märkten würden die Zentralbanken zwischen 25% und 50% der ausstehenden Anleihen halten. Im nächsten Jahr würden die größten Zentralbanken eine QT in Höhe von über 1 Mrd. US-Dollar durchführen.
Die wichtigste Auswirkung der QT auf die Staatsanleihemärkte sei ein erhöhtes Nettoangebot an Anleihen, das von privaten Anlegern bedient werden müsse (es gebe noch andere Auswirkungen, wie z.B. eine Verringerung der überschüssigen Barreserven, die sich auf die Geldmärkte auswirken könne). Die Verlagerung der Nachfragelast auf private Anleger, die im nächsten Jahr einen größeren Teil der Nettoemissionen aufnehmen müssten, berge Risiken für die Märkte. Die Zentralbanken ihrerseits seien grundsätzlich bestrebt, die QT in einer konsistenten und vorhersehbaren Weise umzusetzen, anders als die aggressivere Entnahme von Duration aus dem Markt bei der Einführung von QE. Dennoch würden die Auswirkungen der QT im Jahr 2023 wahrscheinlich ziemlich tief greifend sein. Das Ausmaß des zusätzlichen Emissionsvolumens werde je nach Region sehr unterschiedlich ausfallen und könnte zu einer Unterperformance von Anleihen und steileren Kurven an den Märkten führen, auf denen der relative Anstieg des Nettoangebots am größten sei, wie z.B. in Europa und Großbritannien.
In den USA werde die FED ihr bisheriges QT-Tempo beibehalten und monatlich 60 Mrd. US-Dollar an US-Treasuries und 35 Mrd. US-Dollar an MBS fällig werden lassen. Für das Jahr 2023 bedeute dies, dass das US-Schatzamt zusätzliche Anleihen im Wert von 720 Mrd. US-Dollar tilgen müsse. Die Auswirkungen auf den Markt würden durch eine verbesserte Haushaltslage etwas abgeschwächt.
Es werde erwartet, dass der relative Anstieg des Streubesitzangebots in Europa und Großbritannien am größten sein werde. In den letzten zehn Jahren seien die größeren Angebotswellen bei europäischen Staatsanleihen in eine Zeit gefallen, in der gleichzeitig die EZB-Käufe stark erhöht worden seien. In den sieben Jahren vor 2022 seien negative Nettoemissionen in Europa die Regel gewesen. Das Blatt wende sich nun. Viele Analysten würden davon ausgehen, dass der Anstieg des Nettoangebots an Anleihen nach dem QE-Programm im Jahr 2023 mit 400 bis 700 Mrd. EUR so hoch sein werde wie nie zuvor. Aufgrund der Annahmen über den Zeitpunkt und das Tempo der EZB-Maßnahmen sowie der Annahmen über neue staatliche Maßnahmen würden die Schätzungen weit auseinander gehen.
Seit 2008 habe Großbritannien auch nur in Zeiten von QE große Emissionen verzeichnet. Die Bank of England (BoE) habe ihre QT-Pläne wieder aufgenommen, nachdem die Glaubwürdigkeitskrise der Regierung im September zu Emerging-Markets-ähnlichen Bewegungen bei Gilts geführt habe. Selbst unter neuer Regierung und mit neuen Plänen sei der Anstieg des Anleiheangebots im Jahr 2023 erheblich. Viele Analysten würden davon ausgehen, dass die Emission von Staatsanleihen ohne QE im nächsten Jahr auf 250 bis 300 Mrd. Britische Pfund ansteigen werde, verglichen mit früheren Spitzenwerten von weniger als 100 Mrd. Britische Pfund im letzten Jahrzehnt.
4. Große Tail-Risiken würden Umfang des Volatilitätsrückgangs einschränken
Der Schock und die Angst vor ständig steigender Inflation und überproportionalen Zinserhöhungen hätten die globale Zinsvolatilität im Jahr 2022 auf ein historisch hohes Niveau getrieben. Der MOVE-Index für die implizite Volatilität von US-Schatzanleihen habe den höchsten Stand seit 2009 erreicht, dreimal so hoch wie die Tiefststände Ende 2020 und am oberen Ende einer 20-jährigen Spanne. Vergleichbare Messungen der Volatilität des Euro hätten den Höchststand von 2008 übertroffen und die Volatilität des Britischen Pfund sei während der britischen Marktkrise im September auf neue Rekordwerte geklettert.
Im letzten Monat habe sich die Volatilität von diesen Extremen auf ein immer noch hohes Niveau verringert. Auslöser seien Spekulationen gewesen, dass die Zentralbanken das Tempo der Straffung verlangsamen würden. Wie in den Themen 1 und 2 oben erörtert, könnte sich der jüngste Rückgang der Volatilität bis ins Jahr 2023 fortsetzen, falls sich die Zentralbanken dem Höhepunkt des Zinszyklus nähern würden.
Wie jedoch bereits erwähnt, sei das Ausmaß der makroökonomischen Unsicherheit bezüglich der Zinssätze in beide Richtungen nach wie vor beträchtlich und lasse sich in einem stagflationären Umfeld nicht ohne weiteres beheben. Daher sei es unwahrscheinlich, dass die Volatilität schnell wieder auf die Tiefststände von 2020 bis 2021 zurückgehe und sie könnte auch 2023 erhöht bleiben. Sollte die Inflation nicht spürbar zurückgehen, könnten natürlich einige Elemente der Situation von 2022 im nächsten Jahr fortbestehen. Aber selbst wenn die Inflation, wie vom Konsens erwartet, sinke, jedoch über dem Zielwert bleibe, könnte eine geldpolitische Pause die Volatilität in die Höhe treiben, sollten die Märkte über einen politischen Fehler spekulieren.
In einem allgemeineren Rezessionsszenario könnten ein schnellerer Wechsel zu Zinssenkungen der Zentralbanken und Zuflüsse aus risikoreicheren Vermögenswerten in Anleihen zu einer erheblichen Anleiherally führen. Das aktuelle Niveau der tatsächlichen Volatilität der 10-jährigen US-Rendite von über 100 Basispunkten sei im langfristigen US-Kontext historisch gesehen mit Rezessionen vereinbar. Der Höhepunkt der Volatilität werde in der Regel erst erreicht, wenn die Rezession in vollem Gange sei. Auch bei Aktien komme es im Verlauf einer Rezession meist zu größeren Korrekturen.
5. Makro-Unsicherheit unterstütze die Relative-Value-Chancen
Die Chancen von Relative-Value-Zinsportfolios würden nicht von der allgemeinen Höhe und Richtung der Zinssätze, der Performance von Risikoanlagen oder makroökonomischen Variablen wie Wachstum und Inflation abhängen. Es gebe zwar keinen absolut eindeutigen guten oder schlechten Markt für reine Relative-Value-Portfolios, aber generell gelte Folgendes:
- Extreme Niedrigzinsvolatilität (wie in Japan) sei negativ.
- Eine höhere Zinsvolatilität sei generell positiv, aber nicht in allen Situationen.
- RV-Alpha sei strukturell, aber der Chancenmix ändere sich mit den Marktfaktoren wie der Dynamik von Angebot und Nachfrage bei Anleihen.
Der Druck auf RV im vergangenen Jahr sei ungewöhnlich gewesen. In einem Bericht vom September hätten die Experten von Ardea Investment Management dargelegt, wie der Anstieg der Volatilität an den Makromärkten 2022 zu einer ungewöhnlich hohen Belastung des globalen relativen Zinssatzes geführt habe. Die Experten von Ardea Investment Management hätten gezeigt, dass die Stresswerte für die Mikrozinskurve und den RV von Anleihen das 2- bis 4-fache des normalen Niveaus erreicht hätten. Wie in unserem vorherigen Bericht dargelegt, ist es unwahrscheinlich, dass die RV-Preissetzungsbeziehungen auf unbestimmte Zeit bei den Extremen von 2022 bleiben, selbst wenn die Volatilität höher als normal bleibt, so die Experten von Ardea Investment Management.
Abgesehen von der erwarteten Abnahme der extremen Stressindikatoren werde das hohe Maß an bestehender makroökonomischer Unsicherheit 2023 wahrscheinlich neue Chancen für den RV-Handel eröffnen. Das Spannungsverhältnis zwischen hoher Inflation und schwächerem Wachstum könne die Form der Renditekurve weiter verzerren, da der Markt damit zu kämpfen habe, eine breite Streuung von Zinssätzen zu bewerten. Eine hohe makroökonomische Unsicherheit führe auch zu Kapitalflüssen, die dazu führen würden, dass sich einige Sektoren der Anleihekurven im Vergleich zu anderen verbilligen oder aufwerten würden. Der in Thema 3 erörterte Anstieg des Nettoangebots und der QT führe bereits zu höheren Risikoprämien bei Staatsanleihen und die Experten von Ardea Investment Management würden davon ausgehen, dass sich dies im nächsten Jahr fortsetzen werde. (28.12.2022/alc/a/a)
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