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High-Yield-Markt: Europa aktuell attraktiver bewertet als die USA


01.02.23 11:12
Fisch Asset Management

Zürich (www.anleihencheck.de) - Die gute Nachricht zuerst: High-Yield-Anleihen hatten noch nie zwei negative Jahre nacheinander, so Kyle Kloc, Senior Portfolio Manager bei Fisch Asset Management in Zürich.

Die Experten würden zwar nach dem historisch schwachen Jahr 2022 nicht von einem enormen Rebound ausgehen, seien aber verhalten optimistisch, dass diese Gegebenheit auch für 2023 eintreffen werde. Allerdings werde sich nach Einschätzung der Experten das erste Halbjahr eher schwieriger gestalten, da viele Emittenten infolge der schwachen (oder negativen) Konjunkturentwicklung und des Inflationsdrucks mit sinkenden Gewinnen konfrontiert sein würden. Entsprechend würden die Experten erwarten, dass sich die Spreads im ersten Halbjahr zuerst ausweiten würden, bevor sie sich in der zweiten Jahreshälfte wieder einengen würden.

Fundamental stünden die Emittenten im High-Yield-Sektor aktuell noch gut da. Die Experten würden jedoch eine gewisse Verschlechterung erwarten. Die Schulden würden wahrscheinlich nicht ansteigen, aber ein Rückgang des EBITDA werde den Verschuldungsgrad erhöhen und die höheren Zinskosten würden die Free Cash Flows belasten. Entsprechend würden die Experten im Jahresverlauf mit steigenden Ausfallraten rechnen.

Dabei dürften die Ausfallquoten in den USA und Europa auf rund vier Prozent steigen, während sie in den Schwellenländern vor allem wegen weiterer Ausfälle im chinesischen Immobiliensektor wahrscheinlich auf einem Niveau von etwa zehn Prozent verharren würden. Ein sprunghafter Anstieg der Ausfallraten dürfte unter anderem deshalb ausbleiben, weil der Fälligkeitskalender der Emittenten für 2023 noch relativ moderat ausfalle. Die Unfähigkeit, fällige Schulden zu tilgen oder zu refinanzieren, sei weiterhin eine der Hauptursachen für Zahlungsausfälle.

Zudem würden die Experten davon ausgehen, dass sowohl die Anzahl an Rising Stars als auch an Fallen Angels dieses Jahr zunehmen oder zumindest auf hohem Niveau bleiben werde. Dies erscheine auf den ersten Blick paradox, jedoch lasse sich diese gegensätzliche Entwicklung mit zwei unterschiedlichen Faktoren erklären.

2020 habe es eine Rekordzahl an Fallen Angels gegeben. Obwohl 2022 viele davon bereits wieder heraufgestuft worden seien, würden die Experten 2023 weitere signifikante Upgrades, insbesondere im Energiesektor, aber auch von einem großen Unternehmen im Automobilsektor erwarten. Dies dürfte dazu führen, dass die Gewichtung des Energiesektors innerhalb des Index sinken werde, auch wenn dieser Sektor aufgrund des deutlichen Abstands zum zweitgrößten nach wie vor am höchsten gewichtet bleiben dürfte. Die Fallen Angels dürften wie erwähnt zunehmen, da die Erträge angesichts der schwächeren Wirtschaftsaussichten sinken und die Zinskosten aufgrund gestiegener Zinssätze und Spreads steigen würden.

Insgesamt würden die Experten davon ausgehen, dass sich der Markt 2023 deutlich weniger volatil entwickeln dürfte als 2022. Auf Einzeltitelebene werde die Streuung allerdings zunehmen, da der fundamentale Ausblick für die einzelnen Firmen zunehmend auseinanderdrifte. Entsprechend würden in einem solchen Umfeld die Anforderungen bezüglich Titelselektion steigen. Positiv sollte sich aber die Unterstützung der technischen Faktoren auswirken.

Beispielsweise schrumpfe der Markt, wodurch er potenzielle Abflüsse besser abfedern könne. Dieses Schrumpfen sei vor allem in den USA zu beobachten. Dennoch würden die Experten Euro High Yield Anleihen bevorzugen, weil Investoren für das gleiche Rating einen höheren Spread als in den USA erhalten würden (und zwar umso mehr je tiefer das Rating). Zusätzlich sei der Euro High Yield Markt insgesamt etwas defensiver, weil er ein höheres Durchschnittsrating und eine tiefere Duration aufweise.

Generell würden die Experten damit rechnen, dass die Anleger an den High-Yield-Markt, der in den vergangenen beiden Jahren erhebliche Abflüsse zu verkraften gehabt habe, zurückkehren würden. Insgesamt dürfte die Normalisierung der Geldpolitik mit einem 'vernünftigeren' Zinsniveau dazu beitragen, dass sich der High-Yield-Markt im Laufe der Zeit weg von den Verhältnissen der vergangenen 15 Jahre und eher wieder hin zu jenen vor der globalen Finanzkrise entwickeln und dieses Jahr eine positive Kursentwicklung zu Buche stehen werde. (01.02.2023/alc/a/a)