Erweiterte Funktionen

EZB: Begrenzter geldpolitischer Spielraum


17.03.23 13:46
Helaba

Frankfurt (www.anleihencheck.de) - Die EZB hat geliefert und die Leitzinsen um weitere 50 Basispunkte angehoben, so die Analysten der Helaba.

Das dürfte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Aber der geldpolitische Spielraum schrumpfe.

Aufgrund der jüngsten Unsicherheiten im globalen Finanzsystem habe sich die EZB entgegen ihrer ursprünglichen Absicht mit Hinweisen zum weiteren Zinspfad zurückgehalten. Der EZB-Rat wolle nun nur noch "datengetrieben" agieren - wobei nicht nur Konjunktur-, sondern auch Finanzdaten berücksichtigt würden. In der EZB-Erklärung heiße es dazu: "Der EZB-Rat beobachtet die aktuellen Marktspannungen genau und ist bereit, so zu reagieren, wie erforderlich, um Preis- und Finanzstabilität im Euroraum zu wahren". Die Finanzstabilität werde hier zusammen mit Preisstabilität genannt, was Fragen nach möglichen Zielkonflikten aufwerfe. Zwar halte die EZB das Bankensystem im Euroraum für stabil, sie habe aber vorsorglich Liquiditätshilfen für den Krisenfall in Aussicht gestellt.

Aus geldpolitischer Sicht seien nun zwei Szenarien denkbar: Wenn sich die aktuellen Probleme ausweiten würden und es tatsächlich zu einer Finanzkrise komme, gebe es sicherlich keinen Spielraum mehr für Zinserhöhungen, sondern eher für Zinssenkungen. Beruhige sich die Lage hingegen, was aus heutiger Sicht wahrscheinlicher sei, werde sich der Blick wieder verstärkt auf die immer noch hohe Inflation richten. Der erste Satz der jüngsten Presseerklärung sei in dieser Hinsicht eindeutig gewesen: "Den Projektionen zufolge bleibt die Inflation für eine zu lange Zeit zu hoch." Für 2023 erwarte die EZB eine Inflationsrate von 5,3%, für 2024 von 2,9% und erst für 2025 von 2,1%. Vor allem der zugrundeliegende Preisdruck und der Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen würden der EZB Kopfzerbrechen bereiten.

Die Falken im Rat dürften im Vorfeld der nächsten Sitzung Anfang Mai erneut Druck machen, auch angesichts des für 2023 von der EZB nun erwarteten höheren Wirtschaftswachstums von rund 1%. Das Zeitfenster für 50er Zinsschritte dürfte sich aber mit der jüngsten Entscheidung geschlossen haben. Die EZB befinde sich in einem Dilemma. Eigentlich stehe sie aufgrund des inflationären Umfelds und der per Saldo verbesserten konjunkturellen Rahmenbedingungen weiterhin unter Zugzwang. Die Finanzmärkte würden sich jedoch zunehmend nervös und anfällig zeigen. Auch die monetären Indikatoren, insbesondere die schrumpfende Geldmenge und die Immobilienmärkte, würden zur Vorsicht mahnen. Letztlich dürften sich die Vorstellungen der EZB-Falken von Leitzinsniveaus um 5% nicht durchsetzen lassen. Die Analysten der Helaba würden derzeit lediglich Spielraum für einen weiteren moderaten Zinsschritt sehen, quasi als Kompromiss in diesem extremen geldpolitischen Spannungsfeld.

Einerseits hätten die Analysten der Helaba das inzwischen erreichte Leitzinsniveau als Zielregion ausgemacht, auch weil die Risiken und Nebenwirkungen zunehmen würden. Zum anderen erweise sich die Inflation aber als äußerst hartnäckiger Gegner der Notenbanken. Die Analysten der Helaba würden daher das Hoch beim Einlagensatz nun etwas höher bei 3,25% und beim Hauptrefinanzierungssatz bei 3,75% erwarten. Die Kapitalmarktprognosen würden davon nicht tangiert. Aufgrund der deutlich erschwerten Entscheidungssituation der Notenbanken sei jedoch mit einer anhaltend hohen Volatilität an den Rentenmärkten zu rechnen. (17.03.2023/alc/a/a)