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Eurozone: Inflationsschnellschätzung ohne große Überraschungen
05.06.23 11:00
Raiffeisen Bank International AG
Wien (www.anleihencheck.de) - Vor dem Hintergrund zuletzt wieder etwas angestiegener Inflationssorgen auf den Zinsmärkten war das Erscheinen der Eurozonen-Inflationsschnellschätzung für den Mai besonders interessant, so die Analysten der Raiffeisen Bank International AG (RBI).
Große Überraschungen seien allerdings ausgeblieben. Die Gesamtinflationsrate sei auf Jahresbasis wie erwartet recht stark gefallen. Habe sie im April noch 7% betragen, sei sie nun bei 6,1% zu liegen gekommen. Die Kerninflationsrate, welche in den letzten Monaten ob ihrer zähen Entwicklung immer mehr in den Fokus der EZB gerückt sei, habe indessen von 5,6% p.a. im April auf 5,3% p.a. im Mai abgenommen. Hinsichtlich der beiden Hauptkomponenten der Kerninflation, den Güter- und Dienstleistungspreisen, habe sich ein gemischtes Bild abgezeichnet. So hätten sich die Teuerungsraten beider Komponenten zwar grundsätzlich in die richtige Richtung bewegt (Dienstleistungen: 5,2% p.a. auf 5% p.a., Güter: 6,2% p.a. auf 5,8% p.a.), doch sei die Abkühlung im Güterbereich stärker ausgeprägt gewesen als im Dienstleistungssektor. Dies bestätige den aktuell vorherrschenden Eindruck, dass sich der Dienstleistungssektor in der Eurozone den Umständen entsprechend äußerst stark entwickele (was bezüglich der Inflationsentwicklung negativ sei), während in der Industrie genau das Gegenteil der Fall sei.
Darüber hinaus stehe momentan die Frage im Raum, inwieweit sich das aktuell restriktive Zinsniveau in der Eurozone bereits auf das allgemeine Wirtschaftswachstum ausgewirkt habe. So sei das deutsche BIP-Wachstum während des ersten Quartals erst neulich von 0% p.q. auf -0,3% p.q. revidiert worden. Nachdem das deutsche Wirtschaftswachstum mit -0,5% p.q. bereits im letzten Quartal des Vorjahres negativ ausgefallen sei, habe sich die größte Volkswirtschaft der Eurozone in den Winterquartalen also in einer technischen Rezession befunden. In der Eurozone, deren revidiertes BIP-Wachstum für Q1 2023 diese Woche erscheinen werde, habe das Quartalswachstum im letzten Quartal des Vorjahres gerundet 0% betragen. Nachdem für das erste Quartal initial ein marginales Wachstum von 0,1% veranschlagt worden sei, würden die Analysten der RBI von einer Revision auf -0,1% ausgehen. Exakt gerechnet dürfte somit die Bedingung einer technischen Rezession erfüllt worden sein. Mit dem Eurozonen-Sentix erscheine diese Woche des Weiteren der erste Vorlaufindikator für den Monat Juni. Mit einem Niveau von -13,1 Punkten habe dieser finanzmarktbezogene Indikator zuletzt auf vorwiegend negative Erwartungen unter den Befragten hingewiesen. Basierend auf ihren Modellen würden die Analysten der RBI von einer leichten Verbesserung auf -12,5 Punkte ausgehen.
Auf der anderen Seite des Atlantiks sei während der letzten Wochen hingegen ein anderes Thema dominierend gewesen: Die Schuldenobergrenze. Hier habe das Repräsentantenhaus am Mittwoch den von Präsident Biden und dem republikanischen Chefverhandler Kevin McCarthy eingebrachten Entwurf zur Aussetzung der Schuldenobergrenze bis zum 1. Januar 2025 mehrheitlich abgesegnet. Tags darauf sei die Abstimmung in der zweiten Kammer des Kongresses, dem Senat, gefolgt. Auch hier sei der Vorschlag angenommen worden, somit könne Präsident Biden das Inkrafttreten der neuen Regulierung zeitnah mit seiner Unterschrift besiegeln.
Mit dem ISM für das Verarbeitende Gewerbe erschien in den USA zudem der letzte wesentliche Stimmungsindikator für den Monat Mai, so die Analysten der RBI. Dieser habe zuletzt unter der 50 Punkte-Marke rangiert und somit im schrumpfenden Bereich. Mit einer leichten Abnahme weg von 47,1 Punkten hin zu 46,9 Punkten habe sich dieses Muster fortgesetzt. Der ISM für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe erscheine diese Woche. Konsensschätzungen bezüglich dieses Indikators würden von einem leichten Anstieg ausgehen (51,9 auf 52,1 Punkte), was die Kluft zwischen dem nicht-Verarbeitenden Gewerbe und der Industrie weiter vergrößern würde.
Am EUR-Zinsmarkt seien die Inflationsdaten für die Eurozone mit einem gewissen Wohlwollen aufgenommen worden. Sowohl kurzfristige als auch langfristige Inflationserwartungen hätten sich ein wenig reduziert. Vor allem Letztere hätten bis zuletzt die EZB unter Druck gesetzt. Mit Werten von rund 2,5% für den Fünfjahresschnitt in fünf Jahren liege das von der Notenbank genau beobachtete Maß an der Schmerzgrenze. Nicht verwunderlich also, dass es innerhalb des EZB Rates Unterstützer für weitere entschiedene Leitzinsanhebungen gebe. Laut Protokoll zur letzten Sitzung - welches diese Woche veröffentlicht worden sei - seien einige Ratsmitglieder im Mai sogar gegen eine Reduktion des Zinsanhebungstempos gewesen. Allerdings gehe aus der Mitschrift doch klar hervor, dass die Mehrheit nunmehr eine graduellere Zinsstraffung als angebracht sehe. Wie viele 25 BP-Schritte noch erfolgen würden, bleibe datenabhängig. Da aber die straffere Geldpolitik die Kreditentwicklung schon deutlich einbremse und dies nur mit erheblicher Zeitverzögerung dann auch in Inflationsdaten zu sehen sein werde, bleibe die Einschätzung der Analysten der RBI unverändert: Nochmals plus 25 BP im Juni und Juli (was aktuell in etwa den am Markt gepreisten Erwartungen entspreche).
In den USA habe der politische Kompromiss zur Schuldenobergrenze die Marktverspannung am kurzen Ende der Renditekurve aufgelöst. Nachdem die Rendite von einmonatigen T-Bills zeitweilig auf 6% hochgeschnellt sei, notiere diese jetzt wieder bei rund 5,2%. Es würden Sorgen kursieren, dass die in den vergangenen Monaten zurückgehaltene Emissionstätigkeit des Finanzministeriums alsbald zu einer starken Schuldaufnahme führen werde. Dies könnte zumindest kurzfristig zinstreibend und liquiditätsabsorbierend wirken und sogar Kurse diverser Assets belasten. Allerdings würden alleine Geldmarktfonds ein Vielfaches der erforderlichen Mittel bei der Notenbank bunkern. Zudem seien nur wenige Assets ein nahes Substitut für T-Bills. Fehlende T-Bill Volumina seien wohl kaum kurzfristig in Aktien oder anderen risikobehafteten Assets gehalten worden. Zuletzt sei von einer zeitlich gestreckten Vorgehensweise des Treasuries auszugehen, sodass die Analysten der RBI in Summe die Gefahr der beschriebenen Marktverwerfung als gering einschätzen würden. (Ausgabe vom 02.06.2023) (05.06.2023/alc/a/a)
Große Überraschungen seien allerdings ausgeblieben. Die Gesamtinflationsrate sei auf Jahresbasis wie erwartet recht stark gefallen. Habe sie im April noch 7% betragen, sei sie nun bei 6,1% zu liegen gekommen. Die Kerninflationsrate, welche in den letzten Monaten ob ihrer zähen Entwicklung immer mehr in den Fokus der EZB gerückt sei, habe indessen von 5,6% p.a. im April auf 5,3% p.a. im Mai abgenommen. Hinsichtlich der beiden Hauptkomponenten der Kerninflation, den Güter- und Dienstleistungspreisen, habe sich ein gemischtes Bild abgezeichnet. So hätten sich die Teuerungsraten beider Komponenten zwar grundsätzlich in die richtige Richtung bewegt (Dienstleistungen: 5,2% p.a. auf 5% p.a., Güter: 6,2% p.a. auf 5,8% p.a.), doch sei die Abkühlung im Güterbereich stärker ausgeprägt gewesen als im Dienstleistungssektor. Dies bestätige den aktuell vorherrschenden Eindruck, dass sich der Dienstleistungssektor in der Eurozone den Umständen entsprechend äußerst stark entwickele (was bezüglich der Inflationsentwicklung negativ sei), während in der Industrie genau das Gegenteil der Fall sei.
Darüber hinaus stehe momentan die Frage im Raum, inwieweit sich das aktuell restriktive Zinsniveau in der Eurozone bereits auf das allgemeine Wirtschaftswachstum ausgewirkt habe. So sei das deutsche BIP-Wachstum während des ersten Quartals erst neulich von 0% p.q. auf -0,3% p.q. revidiert worden. Nachdem das deutsche Wirtschaftswachstum mit -0,5% p.q. bereits im letzten Quartal des Vorjahres negativ ausgefallen sei, habe sich die größte Volkswirtschaft der Eurozone in den Winterquartalen also in einer technischen Rezession befunden. In der Eurozone, deren revidiertes BIP-Wachstum für Q1 2023 diese Woche erscheinen werde, habe das Quartalswachstum im letzten Quartal des Vorjahres gerundet 0% betragen. Nachdem für das erste Quartal initial ein marginales Wachstum von 0,1% veranschlagt worden sei, würden die Analysten der RBI von einer Revision auf -0,1% ausgehen. Exakt gerechnet dürfte somit die Bedingung einer technischen Rezession erfüllt worden sein. Mit dem Eurozonen-Sentix erscheine diese Woche des Weiteren der erste Vorlaufindikator für den Monat Juni. Mit einem Niveau von -13,1 Punkten habe dieser finanzmarktbezogene Indikator zuletzt auf vorwiegend negative Erwartungen unter den Befragten hingewiesen. Basierend auf ihren Modellen würden die Analysten der RBI von einer leichten Verbesserung auf -12,5 Punkte ausgehen.
Mit dem ISM für das Verarbeitende Gewerbe erschien in den USA zudem der letzte wesentliche Stimmungsindikator für den Monat Mai, so die Analysten der RBI. Dieser habe zuletzt unter der 50 Punkte-Marke rangiert und somit im schrumpfenden Bereich. Mit einer leichten Abnahme weg von 47,1 Punkten hin zu 46,9 Punkten habe sich dieses Muster fortgesetzt. Der ISM für das Nicht-Verarbeitende Gewerbe erscheine diese Woche. Konsensschätzungen bezüglich dieses Indikators würden von einem leichten Anstieg ausgehen (51,9 auf 52,1 Punkte), was die Kluft zwischen dem nicht-Verarbeitenden Gewerbe und der Industrie weiter vergrößern würde.
Am EUR-Zinsmarkt seien die Inflationsdaten für die Eurozone mit einem gewissen Wohlwollen aufgenommen worden. Sowohl kurzfristige als auch langfristige Inflationserwartungen hätten sich ein wenig reduziert. Vor allem Letztere hätten bis zuletzt die EZB unter Druck gesetzt. Mit Werten von rund 2,5% für den Fünfjahresschnitt in fünf Jahren liege das von der Notenbank genau beobachtete Maß an der Schmerzgrenze. Nicht verwunderlich also, dass es innerhalb des EZB Rates Unterstützer für weitere entschiedene Leitzinsanhebungen gebe. Laut Protokoll zur letzten Sitzung - welches diese Woche veröffentlicht worden sei - seien einige Ratsmitglieder im Mai sogar gegen eine Reduktion des Zinsanhebungstempos gewesen. Allerdings gehe aus der Mitschrift doch klar hervor, dass die Mehrheit nunmehr eine graduellere Zinsstraffung als angebracht sehe. Wie viele 25 BP-Schritte noch erfolgen würden, bleibe datenabhängig. Da aber die straffere Geldpolitik die Kreditentwicklung schon deutlich einbremse und dies nur mit erheblicher Zeitverzögerung dann auch in Inflationsdaten zu sehen sein werde, bleibe die Einschätzung der Analysten der RBI unverändert: Nochmals plus 25 BP im Juni und Juli (was aktuell in etwa den am Markt gepreisten Erwartungen entspreche).
In den USA habe der politische Kompromiss zur Schuldenobergrenze die Marktverspannung am kurzen Ende der Renditekurve aufgelöst. Nachdem die Rendite von einmonatigen T-Bills zeitweilig auf 6% hochgeschnellt sei, notiere diese jetzt wieder bei rund 5,2%. Es würden Sorgen kursieren, dass die in den vergangenen Monaten zurückgehaltene Emissionstätigkeit des Finanzministeriums alsbald zu einer starken Schuldaufnahme führen werde. Dies könnte zumindest kurzfristig zinstreibend und liquiditätsabsorbierend wirken und sogar Kurse diverser Assets belasten. Allerdings würden alleine Geldmarktfonds ein Vielfaches der erforderlichen Mittel bei der Notenbank bunkern. Zudem seien nur wenige Assets ein nahes Substitut für T-Bills. Fehlende T-Bill Volumina seien wohl kaum kurzfristig in Aktien oder anderen risikobehafteten Assets gehalten worden. Zuletzt sei von einer zeitlich gestreckten Vorgehensweise des Treasuries auszugehen, sodass die Analysten der RBI in Summe die Gefahr der beschriebenen Marktverwerfung als gering einschätzen würden. (Ausgabe vom 02.06.2023) (05.06.2023/alc/a/a)
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20.09.23
, XTB
Britische Inflation unter den Erwartungen