Das Inflationsbiest


07.06.23 11:22
LOYS

Oldenburg (www.anleihencheck.de) - Bundesfinanzminister Lindner hat einen starken Beitrag zum Wettbewerb "Wort des Jahres" geliefert, indem er von der Inflation als "Biest" sprach, soe die Experten der LOYS AG.

Nun sei es aber nicht so sehr die Aufgabe von Regierungsmitgliedern, markige Worte für ökonomische Sachverhalte zu finden, sondern vielmehr, die Wohlfahrt der Bürger zu mehren. Darauf jedenfalls laufe der Amtseid hinaus, den die Minister bei ihrem Amtsantritt leisten würden.

Auf dem Feld der Geldwertstabilität sei leider ein Versagen der Verantwortlichen zu konzedieren. Zwar sei hier in erster Linie an die Europäische Zentralbank (EZB) zu denken, deren Mandat darin bestehe, Geldwertstabilität zu gewährleisten. Aber auch die jeweiligen Regierungen in den EU-Ländern könnten einen wesentlichen Beitrag durch ihre Haushalts- und Steuerpolitik zur Geldwertstabilität leisten. Jedoch würden die stark steigenden Haushaltsdefizite (trotz sprudelnder Steuereinnahmen) und die enorme Staatsverschuldung zeigen, wie es um die fiskalische Disziplin der Regierenden stehe.

Gleichwohl müsse sich die EZB den Wohlstandsverlust der Bürger qua galoppierender Inflation an das eigene Revers heften. Es sei noch nicht lange her, dass die EZB beschlossen habe, mit Negativzinsen und gigantischen Anleihekaufprogrammen Inflation herbeiführen zu wollen. Heute müsse man feststellen, dass ihr dies - wenngleich mit zeitlicher Verzögerung - vollumfänglich gelungen sei. Jetzt aber heiße es wie in Goethes Zauberlehrling: "Ach, da kommt der Meister! Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister werd ich nun nicht los."

Auch im Mai habe die Geldentwertung mit einem Wert von 6,3% weit oberhalb der selbst gesetzten Zielmarke von 2% gelegen. Der rasche Wohlstandsverlust der Bevölkerung halte also an, nach der Finanzkrise als "Financial Repression" und aktuell durch stark steigende Verbraucherpreise.

Derweil habe sich die Europäische Zentralbank soeben für ihr 25-jähriges Bestehen feiern lassen. In den Festreden sei ein erstaunlich positiver Ton angeschlagen worden. Selbst mit der Inflationsentwicklung der letzten 25 Jahre habe man sich zufrieden gezeigt, obwohl die Verbraucherpreise seit der Einführung des Euro 1999 um mehr als 50% gestiegen seien. Dabei sei zudem unerwähnt worden, wie gering das Wirtschaftswachstum während dieser Zeit ausgefallen sei. Zu den traurigen Wahrheiten der letzten 25 Jahre gehöre das schwache ökonomische Abschneiden der Eurozone verglichen mit jenem in den Vereinigten Staaten von Amerika und China. Dies betreffe sowohl das Wirtschaftswachstum als auch die Vermögensentwicklung der Bürger. Insofern hätte man sich etwas bescheidenere Töne bei den Festrednern gewünscht. Auch sollte die Effizienz und Effektivität des europäischen Notenbanksystems hinterfragt werden. Verglichen mit den USA und China besitze die Eurozone ein überdimensioniertes Notenbankensystem - jedes Land der Eurozone leiste sich eine eigene und mitunter großdimensionierte Notenbank. Insgesamt habe die EZB der galoppierenden Inflation durch ihre Dauerniedrigzinspolitik und die unerhört hohen Anleihekäufe ("Quantitative Easing") Vorschub geleistet und dabei den deutschen Zinssparer mächtig drangsaliert. Besser sei es Sachwertinvestoren ergangen, denn Immobilien- und Aktienmärkte hätten im künstlich geschaffenen Umfeld billigen Geldes florieren können. Dynamische Sachwerte (solche, die sich an verändernde Rahmenbedingungen anpassen könnten) würden offenbar den Königsweg der Kapitalanlage markieren. Diese Erkenntnis bleibe der Leitgedanke der LOYS AG. (07.06.2023/alc/a/a)