Erweiterte Funktionen

Ungebremster Renditeanstieg


02.03.23 15:00
Hamburg Commercial Bank

Hamburg (www.anleihencheck.de) - Die Renditen der zehnjährigen T-Notes haben die Marke von 4% überschritten, während die entsprechenden Bunds mittlerweile über 2,70% rentieren, so Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank.

Hier sei eine Dynamik festzustellen, die mit der Gefahr einhergehe, dass sich diese selbst verstärke. Anders als früher sei nicht zu erwarten, dass die Notenbanken bremsend eingreifen würden. Damit aber müssten Anleger weitere Kursverluste in ihren Anleiheportfolios befürchten, was wiederum größere Bondverkäufe auslösen könne. Genau das würde dann erneut die Renditen nach oben treiben.

Fundamental unterstützt werde die Bewegung derzeit durch ein überzeugendes Narrativ, wonach die Inflation nicht oder nur sehr zögerlich zurückgehe und die Notenbanken daher noch lange Zeit dafür kämpfen müssten, dass wieder Preisstabilität erreicht werde. Es stünden daher gemäß dieser Interpretation eher mehr als weniger Zinserhöhungen ins Haus und es bestehe die Aussicht, dass die Leitzinsen, nachdem sie ein hinreichend hohes Niveau erreicht hätten, bis auf weiteres auf diesem verharren würden. Tatsächlich sei die Inflation HVPI in Deutschland, Frankreich und Spanien im Februar wieder gestiegen. Für die Eurozone sei sie leicht zurückgegangen. Vor allem von den Lebensmittelpreisen, die in Deutschland mit einer Rate von knapp 22% YoY gestiegen seien und die zuletzt auch in den anderen Ländern im Zusammenhang mit schlechten Ernteergebnissen in Spanien und Marokko stärker angezogen hätten, gehe derzeit der inflationäre Druck aus. Die größte Sorge bereite der EZB jedoch die Aussicht auf dauerhaft höhere Lohnsteigerungen, die mit einem Inflationsziel von 2% nicht vereinbar seien. Hier liege das Augenmerk besonders stark auf den Verhandlungen im öffentlichen Sektor in Deutschland, wo die Gewerkschaft ver.di beispielsweise für 2,5 Millionen Beschäftigte bei Kommunen und Bund im Durchschnitt aller Lohngruppen 14% mehr Lohn verlange. Dem stehe ein Angebot von Seiten des öffentlichen Arbeitgebers in Höhe von 2.500 Euro Einmalzahlung und einer Lohnerhöhung in zwei Schritten um insgesamt 5% bei einer Laufzeit von 27 Monaten gegenüber, das ver.di umgehend abgelehnt habe. Stattdessen habe die Gewerkschaft für morgen (03.03.) zu Warnstreiks in sechs Bundesländern aufgerufen.

Auch die PCE-Kerninflation in den USA, die von der FED offiziell als Maßstab für ihr Handeln gelte, sei im Januar wieder leicht gestiegen und habe die Bondinvestoren beunruhigt. Die Unruhe sei durch den PMI Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungssektor (rund 70% des BIP) gefördert worden, der wieder in den Expansionsbereich gestiegen sei, während der entsprechende Index für das Verarbeitende Gewerbe zwar leicht gestiegen sei, aber weiterhin eine Rezession in diesem Sektor signalisiere. Der PMI für Chinas Industrie sei hingegen sehr kräftig gestiegen und liegt jetzt bei 51,6 (Caixin PMI) bzw. 52,6 (NBS PMI), wobei letzterer in seiner Umfrage stärker von staatlichen Großunternehmen geprägt sei. Offensichtlich würden sich die positiven Effekte der Beendigung der Null-Covid-Politik bemerkbar machen. Und erneut gelte auch hier: Gute Nachrichten seien schlechte Nachrichten, denn wenn sich das Verarbeitende Gewerbe in China wieder erhole, werde auch die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen, allen voran Öl und Gas wieder steigen und das könne den erwarteten Rückgang der globalen Inflation verlangsamen.
Ab Samstag (04.03.) werde in China der nationale Volkskongress zusammenkommen. Dabei werde formell die Wiederwahl von Präsident Xi besiegelt und vermutlich Li Qiang zum Premierminister gekürt. Darüber hinaus würden aber auch andere wichtige Posten neu besetzt, etwa bei der Notenbank, dem Finanzministerium und der Bankenaufsicht. Auch ein Wachstumsziel könnte verkündet werden. Das dürfte aber nicht mehr die Bedeutung haben wie früher, da im vergangenen Jahr das Ziel weit verfehlt worden sei, ohne dass dies sichtbare Konsequenzen gehabt hätte. Außerdem könnte man erfahren, wieviel staatliche Unterstützung für die Konjunktur zu erwarten sei, zumindest sei eine Schätzung für das Budgetdefizit zu erwarten, das wohl im Bereich von 3% des BIP liegen dürfte.

Datenseitig sei morgen (03.03.) auf die PMI-Einkaufsmanagerindices des Dienstleistungssektors unter anderem für Italien und Spanien für Februar zu achten. Die Schnellschätzung für die Eurozone habe einen erfreulichen Anstieg gezeigt. Am Montag (06.03.) könne man anhand der PMI-Einkaufsmanagerindices für den Bausektor erfahren, wie die Konjunktur dieses besonders zinssensitiven Sektors in der Währungsunion verlaufe (Februar). Auftragseingänge für die deutsche Industrie sowie die Industrieproduktion (07.03. und 08.03., beides für Januar) würden Aufschluss darüber geben, ob dieser Sektor weiterhin relativ stabil bleibe. Das Highlight der kommenden Woche seien dann die US-Arbeitsmarktzahlen, die ausnahmsweise am 2. Freitag des Monats erscheinen würden. (Wochenbarometer vom 02.02.2023) (02.03.2023/alc/a/a)